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Seit dem EuGH-Urteil 2019 und der BAG-Rechtsprechung 2022 gilt: Arbeitgeber in Deutschland müssen die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten vollständig dokumentieren.

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1. Gesetzliche Grundlage der Arbeitszeiterfassung

Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2019 und der nachfolgenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahr 2022 besteht in Deutschland eine generelle Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit aller Beschäftigten. Diese Pflicht ergibt sich unmittelbar aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG, der im Lichte der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) auszulegen ist.

Kernaussage des BAG: Arbeitgeber sind nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.

2. Inhalt und Umfang der Dokumentationspflicht

Die Erfassungspflicht betrifft Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jedes einzelnen Arbeitnehmers. Eine rein pauschale Dokumentation (z. B. „8 Stunden gearbeitet“) genügt nicht.

Was genau muss dokumentiert werden?

  • Beginn der täglichen Arbeitszeit
  • Ende der täglichen Arbeitszeit
  • Pausenzeiten (mindestens nach § 4 ArbZG)
  • Überstunden und Mehrarbeit

Die Dokumentation muss verlässlich, objektiv und zugänglich sein.

3. Wer ist zur Erfassung verpflichtet?

  • Arbeitgeber tragen die Verantwortung für die Einführung und Umsetzung des Zeiterfassungssystems.
  • Die Pflicht gilt unabhängig von der Betriebsgröße, also auch für kleine Betriebe und Start-ups.
  • Führungskräfte und leitende Angestellte können ggf. ausgenommen sein, sofern sie nicht unter das Arbeitszeitgesetz fallen (§ 18 ArbZG).

4. Aktueller Gesetzgebungsstand

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im April 2023 einen Referentenentwurf zur Änderung des ArbZG veröffentlicht. Kernelemente des Entwurfs:

  • Einführung einer elektronischen Zeiterfassungspflicht
  • Übergangsfristen für kleinere Unternehmen
  • Möglichkeit der Delegation der Zeiterfassung an die Arbeitnehmer

Dieser Entwurf ist noch nicht in Kraft, verdeutlicht aber die gesetzgeberische Richtung hin zu mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

5. Konsequenzen bei Verstößen

Fehlt ein Zeiterfassungssystem, liegt ein Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz vor. Mögliche Konsequenzen:

  • Bußgelder bis zu 30.000 nach § 25 ArbSchG
  • Beweislastprobleme in arbeitsgerichtlichen Verfahren (z. B. bei Überstundenklagen)
  • Reputationsschäden für das Unternehmen

6. Umsetzung in der Praxis

Unternehmen sollten:

  1. Ein objektives, manipulationssicheres Zeiterfassungssystem einführen (z. B. Softwarelösungen, elektronische Stempeluhren).
  2. Betriebsrat (sofern vorhanden) nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG beteiligen.
  3. Die Erfassungspflicht in Arbeitsverträgen und internen Richtlinien klar regeln.
  4. Datenschutzrechtliche Vorgaben nach DSGVO einhalten.

7. Fazit und Handlungsempfehlung

Die Arbeitszeiterfassung ist keine freiwillige Maßnahme mehr, sondern eine arbeitsrechtliche Pflicht. Unternehmen sollten die Gelegenheit nutzen, ihre Systeme zu modernisieren und rechtlich abzusichern. Alchimedus Legal berät Sie gern bei der Umsetzung im Unternehmen.

Alchimedus Legal – ein Beitrag von Rechtsanwalt Sascha Kugler, Berlin

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